Wissenswertes über die Entwicklung des "Original Münchner Schäfflertanzes"
Ganz sicher hat sich der Münchner Schäfflertanz in der langen Zeit seines Bestehens in der Choreographie und in der Kleidung
der Tänzer mehrmals verändert. Spricht man in früheren Veröffentlichungen von einem gewöhnlichen Tanz oder vom
großen Achter, so hat sich der Schäfflertanz im Laufe seiner Geschichte zu einem äußerst schwierigen Reiftanz entwickelt,
dessen Figurenfolge und Kompliziertheit des Tanzablaufs weit über den künstlerischen Wert anderer Volkstänze hinausgeht.
Erst Mitte des 19. Jahrhunderts wurde der Schäfflertanz in die heutige Form ausgebaut und von dem königlichen Hoftänzer
Reithmeier einstudiert.
Das Bild links - aus der Zeit um 1700 - zeigt Schäfflertänzer, deren Kleidung mit dem heutigen Schäfflerkostüm nicht
mehr vergleichbar ist. Das heutige Schäfflerkostüm besteht seit 1872 und ist seither praktisch nicht verändert worden.
Schon immer war der Münchner Schäfflertanz ein Tanz der Schäfflergesellen, der sicher auch dazu beitragen sollte, den kargen
Lohn der Gesellen etwas aufzubessern. Schäfflermeister oder Söhne von Schäfflermeistern durften am Schäfflertanz nicht
teilnehmen. Die Schäfflertänzer mussten unverheiratet sein, einen einwandfreien Leumund haben, gelernte Schäffler sein
und mindestens seit zwei Jahren in München wohnen. Mit dieser Tradition musste erstmals 1963 gebrochen werden. Aus
Personalmangel wurden auch verheiratete Schäffler zum Tanz zugelassen. Ab 1970 musste bereits teilweise auf
berufsfremde Tänzer zurückgegriffen werden, um die Tradition des Münchner Schäfflertanzes aufrechterhalten zu können.
Seit 1871 wird der Münchner Schäfflertanz von dem im selben Jahr gegründeten „Fachverein der Schäffler Münchens“ organisiert
und veranstaltet. Die Gründung des Vereins fiel in die Regierungszeit König Ludwigs II. (1864-1886). Aus dem Jahr 1886
stammt die heutige Tänzerfahne.
Der Schäfflertanz wurde seither nicht mehr verändert, wie man in der Illustration von 1886 erkennen kann.
Ein besonders schwarzes Jahr in der Geschichte des Schäfflertanzes war das Tanzjahr 1935. Die Nationalsozialisten wollten
damals den Münchner Schäfflertanz für ihre Zwecke missbrauchen. Die Schäffler sollten unter der Hakenkreuzfahne marschieren.
Da dieses vom damaligen Schäfflertanzkomitee abgelehnt wurde, wurde der Schäfflertanz zwar nicht verboten, aber in seiner
Durchführung beträchtlich behindert. Insbesondere bekamen die Schäffler wesentlich weniger Auftritte als in den früheren
und auch späteren Tanzjahren. 1942 musste der Schäfflertanz infolge des 2.Weltkrieges entfallen.
Bereits 1949 tanzten die Schäffler wieder zwischen den Ruinen der schwer zerbombten Stadt München. Die Begeisterung der
Bevölkerung war kurz nach dem Krieg so groß, dass die Schäffler ihren Tanzverpflichtungen kaum nachkommen konnten.
Im Tanzjahr 2012 wird der Schäfflertanz in Münchnen bereits seit 495 Jahren bestehen.
2012 in der Faschingszeit vom 06. Januar bis Faschingsdienstag tanzen die Münchner Schäffler nach alter
Überlieferung wieder auf den Straßen und Plätzen der Landeshauptstadt
München, in Schulen, bei Firman, Jubilaren und auf Faschingsbällen.
Vieles hat sich in dieser Zeit geändert: Wurde der erste Tanz früher jeweils vor dem Landesfürsten aufgeführt, so gilt
der erste Tanz heute dem Ministerpräsidenten und dem Oberbürgermeister. Im Turm des neuen Rathauses (erbaut 1867-1874 von
Georg von Hauberrißer) ist das
Glockenspiel mit seinen insgesamt 43 Glocken täglich um 11.00 Uhr und um 12.00 Uhr, sowie von Mai bis Oktober zusätzlich
um 17.00 Uhr, ein Hauptanziehungspunkt für Touristen und Einheimische.
Konnten die Schäffler im vorigen Jahrhundert in der noch relativ kleinen Stadt München ihre Auftritte zu Fuß bewältigen,
so sind sie heute in der Millionenstadt München auf einen Reisebus angewiesen, um ihre ca. 400 Auftritte in allen Teilen
der Stadt pünktlich und zur Freude der Münchener Bürger aufführen zu können.